Philip Zeschmann zum Einzelplan 11 – Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung – 15.12.2021

15. Dez 2021

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Auch bei diesem Einzelplan habe ich mich, wie beim Einzelplan 08 – also beim Thema Wirtschaft und Energie vorhin -, am Anfang gefragt, wie man das knackig und kurz zusammenfassen kann. „Aufgabe der Ziele im Koalitionsvertrag im Bereich Mobilität und Verkehr“ wäre sicherlich eine passende Überschrift, enthält aber noch nicht alle Punkte. Dann dachte ich die Überschrift „Ist es vielleicht Aufgabe des Ministers, irgendetwas Wahrnehmbares oder Erreichbares verändern zu wollen?“ könnte auch gut passen. Das ist auf jeden Fall der Eindruck, den der Einzelplan 11 bei mir hinterlässt, nach intensiver Bearbeitung dieses Themas.

Zum Beispiel: Die sogenannte Verkehrswende, also Anteil des Umweltverbundes von 60 % am Modal Split – einfach ade! Es gibt keine entsprechenden Schwerpunktsetzungen, keine finanziellen Akzentsetzungen in dieser Richtung, sondern sogar Kürzungen.

Weiterhin: Ein ausreichender Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur mit den bereitgestellten finanziellen Mitteln? Es ist eher ein löchriger Flickenteppich, eigentlich ist es ein luftiges Kettenhemd, also bei Weitem nicht erreichbar. Wie soll man da die Ziele bezüglich des Modal Splits erreichen?

Instandsetzung von Landesstraßen in ausreichendem Maße? Leider werden diese Straßen noch mehr als zuvor dem Verfall preisgegeben, anstatt, wie es der gesunde Menschenverstand gebietet, die noch verbliebene Infrastruktur nach Jahrzehnten endlich mit einer konzertierten und finanziell entsprechend akzentuierten Offensive wenigstens schrittweise zu retten. – Wenn die Diskussionen dort hinten aufhören würden, wäre das bestimmt ganz hilfreich. – Deswegen haben wir auch zu diesem Punkt entsprechende Änderungsanträge vorgelegt, den Landesbetrieb Straßenwesen sowohl personell, was die Planer angeht, als auch finanziell in die Lage zu versetzen, genau diese Offensive zu starten und unsere Infrastruktur vor dem vollkommenen Verfall zu retten.

Weiterhin: Sanierung und Neubau unserer Brücken? Wegen Personalmangels und Kürzungen der Mittel für den Landesbetrieb Straßenwesen wird die Zahl der zu sperrenden und der einstürzenden Brücken in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen. Das ist übrigens nicht meine Erfindung, sondern das hat die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir so geantwortet: dass es in den nächsten Jahren noch weitere Brücken geben wird, die so schlecht bewertet werden, dass sie dringend in die Sanierung müssen.

Das halten wir gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern und vor allem mit Blick auf den Wirtschaftsstandort Brandenburg für unverantwortlich, weil auch der lokale Wirtschaftsverkehr der kleinen und mittelständischen Unternehmen, der Handwerkerschaft dadurch schwer beeinträchtigt wird. Das alles nehmen Sie wissentlich in Kauf.

Des Weiteren ist ein ausreichender Beitrag des Verkehrssektors in Brandenburg zur Eindämmung des Klimawandels unter diesen Bedingungen völlig illusorisch und nicht erreichbar. Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob der Minister dieses Ziel mit diesem Haushalt absichtlich aufgegeben hat oder es sich um einen willkommenen Anlass handelte, die von der CDU nicht wirklich geteilten Zielsetzungen der Grünen zu unterlaufen. Auf die Antwort auf diese Frage wäre ich wirklich gespannt, Herr Beermann.

Auch die Schulwegsicherung wurde schon angesprochen. Sie ist auf 10 000 Euro für das gesamte Land zusammengekürzt worden. Ich muss ehrlich sagen: Als ich das gelesen hatte, war ich schockiert, denn das zeigt, dass der Regierungskoalition das Thema Schulwegsicherung und Radverkehr offensichtlich vollkommen egal ist – nach dem Motto: Unsere Kinder sollen von Anfang an und direkt die harte und manchmal rücksichtslose Realität des Straßenverkehrs kennenlernen und zu spüren bekommen. Können Sie das wirklich verantworten? Ich verstehe nicht, wie man in diesem Punkt einen solchen Haushalt vorlegen kann.

Es gibt keinen Pakt zur Beseitigung der innerörtlichen Bahnübergänge an stark frequentierten Bahnstrecken – nicht einmal im Kerngebiet, also auf den Hauptachsen des eben von meiner Kollegin Walter-Mundt angesprochenen Plans i2030. Damit stellt sich natürlich eine Frage. Sie haben betont, dass der Ausbau der i2030-Strecken für Sie so wichtig sei. Wenn Sie aber nur halbe Sachen machen und die Bahnübergänge, die auf kommunalem Gebiet liegen – dazu hatten wir schon einmal einen Antrag -, nicht einbeziehen, nützt das leider gar nichts. Das heißt, Sie nehmen sehenden Auges in Kauf, dass die Behinderungen unserer Bürgerinnen und Bürger und des Wirtschaftsverkehrs – das betrifft insbesondere die Handwerksbetriebe und unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen in den Regionen, wo die Bahnübergänge mitten im Ort liegen – weiter zunehmen, weil Sie i2030 ausbauen und die Taktfrequenzen erhöhen wollen. Sie wollen die S-Bahn, RBs und REs ausbauen. Das ist alles sehr schön, nur bitte machen Sie keine halben Sachen, sondern berücksichtigen Sie auch die Bahnübergänge – sonst gibt es neue Probleme.

Und das alles soll „Verantwortung für die Fläche“ und „Investitionen in die Zukunft“ sein, Frau Kornmesser? Es tut mir leid, das ist offensichtlich das Gegenteil. Wir halten diese fehlenden finanziellen Schwerpunktsetzungen für grundfalsch und für verantwortungslos gegenüber unseren Bürgern, Unternehmen und Steuerzahlern. Was Sie hier vorgelegt, was Sie in diesen Haushalt gegossen haben, ist das Gegenteil von gesundem Menschenverstand.

Deshalb haben wir zu all diesen und einigen weiteren Punkten, die zur Kurskorrektur hin zu einer verantwortungsvollen und zukunftsfähigen Infrastruktur und Verkehrspolitik aus unserer Sicht unbedingt erforderlichen Änderungsanträge eingebracht, natürlich wie immer voll gegenfinanziert. Einige davon liegen Ihnen heute erneut vor. Damit geben wir Ihnen wie beim Einzelplan 08 eine letzte Chance, Ihre eigenen Zielstellungen gemäß Koalitionsvertrag, die ich schon ansprach – Stichworte Verkehrswende, Modal Split 60 %, Klimawandel, Beitrag des Verkehrssektors usw. -, doch noch anzustreben und nicht schon mit dem Beschluss dieses Haushalts aufzugeben, also final zu beerdigen. Überlegen Sie es sich noch einmal. Wir helfen Ihnen wirklich gern, liebe Fachkollegen insbesondere aus dem AIL, gegen Ihre Finanzministerin vernünftige Politik umzusetzen und Ihre eigenen Koalitionsziele vielleicht doch noch – zumindest teilweise – zu erreichen.

Aber offensichtlich sind einfache Lösungen für die Landesregierung nicht gut genug. „Brandenburg. Es kann so einfach sein.“ So heißt es. Leider passt dieser Slogan – das habe ich an dieser Stelle schon einmal gesagt – nur im Konjunktiv: Es könnte so einfach sein – wenn man den Menschen wirkliche Lösungen bieten wollte, wie wir als Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen das mit unseren Änderungsanträgen erneut vormachen. Warum das nicht angestrebt und womöglich sogar umgesetzt wird, bleibt leider weiter das Geheimnis der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen. Aber wie gesagt: Sie haben jetzt eine letzte Chance, das Problem abzuwenden, indem Sie unseren Änderungsanträgen zustimmen.

Bürgernahe Entscheidungen sind leider auch ansonsten nicht das Ding der Landesregierung bzw. des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung. Das bedauern wir sehr. Ursprünglich wollte die Landesregierung beispielsweise die Kosten für die Fluglärmberatung, für die sich die Koalitionsfraktionen gerade gelobt haben, auf null setzen – wie übrigens schon im letzten Jahr. Aufgrund der entsprechenden Anträge der Oppositionsfraktionen – unter anderem von uns, genauso wie im letzten Jahr – haben Sie sich dann doch noch eines Besseren belehren lassen und gemerkt: Das geht nicht. Der Flughafen ist eröffnet, es gibt immer mehr Flüge; der Flugverkehr nimmt zu. Die Bürger beschweren sich über die Nichteinhaltung der Flugrouten und den damit verbundenen Fluglärm. Also dachten Sie: Wir müssen das noch irgendwie auffangen und bringen daher am letzten Tag der Haushaltsberatungen im Fachausschuss, dem Mittwoch, noch schnell eine Tischvorlage ein, um das Ganze aufzufangen! – Wenn das kein Zeichen dafür ist, wie wichtig der Koalition die Anwohner am BER wirklich sind!

Zusammenfassend würde ich gerne festhalten: ein Einzelplan ohne wichtige und richtige Akzentsetzungen oder Prioritäten, wie sie schon der gesunde Menschenverstand und eigentlich auch ihr Koalitionsvertrag gebieten. Ich verstehe nicht, warum Sie nicht wenigstens versuchen, Ihren Koalitionsvertrag umzusetzen.

Aber dieser Haushalt ist, wie wir leider feststellen mussten und ich in dieser Rede auch herauszuarbeiten versucht habe, die Selbstaufgabe von Herrn Minister in Bezug darauf, noch irgendetwas zu bewegen oder gar Ziele des Koalitionsvertrages umzusetzen und zu realisieren. Das verstehen wir nicht und bedauern wir. Wir stünden in diesem Bereich vor großen Herausforderungen, sagten Sie, Frau Walter-Mundt. Offensichtlich haben Sie gedacht: Die sind uns zu groß, deshalb kapitulieren wir mit diesem Haushalt mal gleich final für diese Legislaturperiode. – Danke schön.

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